UN-Ernährungsbericht: Der Hunger ist noch lange nicht besiegt

12. Aug 2024 | Aktualität, Gastbeitrag

Es gibt nur wenige Lichtblicke im neusten Ernährungsbericht der Vereinten Nationen. Zwar zeichnen sich Fortschritte in Lateinamerika und der Karibik ab, in Afrika jedoch nimmt der Hunger weiterhin zu. Das offizielle Ziel der Weltgemeinschaft, ihn bis 2030 global zu beseitigen, ist nicht mehr erreichbar.

Einer von elf Menschen auf der Welt litt 2023 unter Hunger, in Afrika traf es sogar jeden fünftenWährend der Coronapandemie stieg die Zahl der Personen ohne genügend Nahrungsmittel steil an und stagnierte in den vergangenen Jahren auf diesem NiveauLaut dem kürzlich veröffentlichten neusten Ernährungsbericht der Vereinten Nationen (UN) hatten 2023 weltweit rund 733 Millionen Menschen nicht genug zu essen

Ein Drittel der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu gesunder Nahrung

Erschwerend kommt hinzu, dass sich (Stand 2022) 2.8 Milliarden Menschen keine gesunde, ausgewogene Ernährung leisten konnten – also dem Risiko von Mangel– oder Unterernährung ausgesetzt waren. Dies entspricht einem Drittel der Weltbevölkerung und betrifft besonders Menschen in ländlichen Gebieten einkommensschwacher Länder, darunter vor allem Frauen, Jugendliche und Kinder sowie Indigene. Obwohl in Afrika prozentual mehr Menschen unter Ernährungsunsicherheit leiden als irgendwo sonst in der Welt (58 Prozent), lebt aktuell die Mehrheit der Personen ohne genug zu essen in Asien.  

Aufgrund all dieser Entwicklungen gehen die Vereinten Nationen davon aus, dass auch 2030 noch rund 582 Millionen Menschen chronisch unterernährt sein werden, dann jedoch mehr als die Hälfte davon in Afrika. Dabei hatte sich die Weltgemeinschaft in der Agenda 2030 eigentlich zum Ziel gesetzt, den Hunger bis dahin weltweit zu besiegen.

Konflikte, Ungleichheitfehlender politischer Wille

Die Gründe für dieses Versagen sind vielfältig: gewalttätige Konflikte, Klimaerwärmung, wirtschaftliche Krisen und Ungleichheit, gestiegene Kosten für Lebensmittel, ein von wenigen mächtigen Agrarkonzernen kontrolliertes Produktions- und Ernährungssystem. Aber auch die fehlende politische Bereitschaft, genügend finanzielle Mittel einzusetzen, um das Problem systematisch anzugehen. 

Immerhin gibt es auch Lichtblicke. So hat sich die schwere und moderate Ernährungsunsicherheit in Lateinamerika und in der Karibik seit 2021 deutlich reduziert (von 34 auf 28 Prozent der Bevölkerung). Auch gibt es weltweit weniger Kinder unter fünf Jahren, die unter chronischer Unterernährung und einer deswegen beeinträchtigten Entwicklung leiden.

Immer mehr fehlernährte Übergewichtige

Auf der anderen Seite kann Mangelernährung auch zu Übergewicht führen, weil viele arme Familien sich nur billigen Fast Food leisten können, also kalorienreiche hochverarbeitete Produkte. Und die Zahl der stark Übergewichtigen hat deutlich zugenommen: 2012 galten 12,1 Prozent aller Erwachsenen als stark übergewichtig (591 Millionen Menschen), 2022 waren es 15,8 Prozent (881 Millionen). 2030 dürften es über 1.2 Milliarden sein. 

Der UN-Ernährungsbericht 2024 beschäftigt sich zudem ausführlich mit der Frage, wie sich der Kampf gegen Hunger und Mangelernährung besser finanzieren lässt. Er schätzt, dass dafür aktuell mehrere Billionen Dollar fehlen – und warnt, dass die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieses Defizits die Welt ebenfalls Billionen kosten werden. Es brauche neue, innovative Finanzierungsformen und ein gemeinsames, ganzheitliches Vorgehen.

Wirkungsvoller Einsatz von Fastenaktion

Fastenaktion engagiert sich mit seinen Partnerorganisationen im Globalen Süden seit Jahrzehnten im Kampf gegen den Hunger – und kann dabei lokal auch auf viele Erfolge verweisen. Unter anderem dank der Arbeit mit Solidaritätsgruppen und lokal angepassten agrarökologischen Techniken. Wir leiten zudem das Projekt RAISE, eine internationale Kooperation mehrerer Entwicklungsorganisationen, die sich für die Verwirklichung bäuerlicher Rechte einsetzen, um die Ernährungssicherheit zu verbessern. 

RAISE hat sich mit lokaler Sensibilisierungs- und internationaler Lobbyarbeit dafür engagiert, einen Überwachungsmechanismus für bäuerliche Rechte zu schaffen. Dieses Jahr nun hat der Uno-Menschenrechtsrat eine Gruppe von Expert:innen eingesetzt, welche die Umsetzung seiner Bauernrechtsdeklaration UNDROP von 2018 weltweit kontrollieren und fördern soll – ein wichtiger Meilenstein für RAISE, das eng mit dieser Gruppe zusammenarbeiten wird. So können sich Bäuerinnen und Bauern auf internationaler Ebene Gehör verschaffen. Auch dies trägt dazu bei, Hunger zu reduzieren und gesunde Ernährung zu fördern.

 

Bildnachweis: Joy Obuya, Eyris Communication. Gelbe Passionsfrucht in einem Garten in Kenia. 

Dieser Artikel ist übernommen von Fastenaktion

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Ralf Kaminski

Redaktor bei Fastenaktion

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