Strategie Nachhaltige Entwicklung: Der Berg hat eine Maus geboren

4. Nov 2020 | Aktualität, Stellungnahme, Institutionen

Fünf Jahre nach Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung präsentiert der Bundesrat seine Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030. Diese bleibt im Konkreten weit hinter den Ambitionen der Agenda 2030 zurück und ist damit ungeeignet, diese umzusetzen.

Heute hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Strategie Nachhaltige Entwicklung (SNE) 2030 eröffnet. Die Erwartungen an das Dokument sind hoch, wurde es doch bereits im März 2019 angekündigt. In der Einleitung bestätigt der Bundesrat denn auch die Notwendigkeit von umfassenden und systemischen Ansätzen, die den gegenseitigen Abhängigkeiten Rechnung tragen. Er verspricht, die Leitlinien und Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in sämtlichen Politikbereichen umzusetzen und dadurch die Politikkohärenz für nachhaltige Entwicklung zu stärken. Die SNE bekräftige sein Engagement für die Erreichung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (sustainable development goals, SDGs). In den gewählten Schwerpunktthemen Nachhaltiger Konsum und Produktion, Klima, Energie und Biodiversität, sowie Chancengleichheit besteht definitiv Handlungsbedarf. Die Herausforderungen stellen sich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch in der internationalen Verantwortung der Schweiz.

Den grossen Versprechungen folgen jedoch keine konkreten Massnahmen. Die Ziele, die sich der Bundesrat in der SNE 2030 setzt, bleiben weit hinter den in der Agenda 2030 formulierten Zielsetzungen zurück. Während beispielsweise das SDG 1 die Armut gemäss nationalen Armutsdefinition halbieren will, spricht der Bundesrat lediglich von einer Reduzierung der Armut in der Schweiz. SDG 12 setzt das Ziel, Subventionierung fossiler Brennstoffe allmählich abzuschaffen. Der Bundesrat zielt lediglich auf die Vermeidung negativer Umweltauswirkungen von bestehenden finanziellen Anreizen für die Verwendung fossiler Energieträger hin. In anderen Zielen schiebt der Bundesrat einen langen Zeithorizont in die Zielformulierung ein. So soll erst ab 2050 netto kein Boden mehr verloren gehen. Zu vier der 17 SDGs formuliert der Bundesrat gar keine eigenen Ziele (SDG 9 Industrie, Infrastruktur und Innovation, SDG 14 Leben unter Wasser, SDG 16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen, SDG 17 Partnerschaften).

Darüber hinaus sieht die SNE 2030 keine Mittel zu ihrer Umsetzung vor. Nachhaltige Entwicklung soll im Rahmen des courant normal der verschiedenen Ämter umgesetzt werden. Somit bleibt die SNE 2030 ein Katalog bereits beschlossener Massnahmen und Zielsetzungen. Bereits die letzte SNE 2016-2019 enttäuschte. Eine externe Evaluation beurteilte deren Wirkung als «bescheiden». Sie war primär ein Dokument, das bereits beschlossene Massnahmen der verschiedenen Departemente im Bereich nachhaltige Entwicklung zusammenfasste. In der Neuauflage bleibt sich der Bundesrat treu und missachtet damit die Resultate der Evaluation.

Die Plattform Agenda 2030 wird den vorliegenden Entwurf der SNE 2030 genau analysieren und sich an der Vernehmlassung beteiligen. Eines ist jedoch bereits klar: Mit der Vernehmlassungsvorlage verpasst der Bundesrat die Chance, mit der SNE 2030 eine zukunftsgerichtete, ambitionierte Strategie zu formulieren, die tatsächlich als Umsetzungsinstrument der Agenda 2030 taugen könnte.

 

Schassmann Eva
Eva Schmassmann

Plattform Agenda 2030

Portrait Pierre Zwahlen
Pierre Zwahlen

Präsident Plattform Agenda 2030

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