Mehr Leadership für nachhaltige Entwicklung, bitte!

Als die Agenda 2030 vor sieben Jahren verabschiedet wurde hörte mensch allenthalben, dass die Umsetzung eines globalen Referenzrahmens in nationale Politiken eine grosse Herausforderung darstelle. Während Länder im globalen Süden jedoch seit Jahrzehnten ihre Politik nach von Weltbank, Internationalem Währungsfonds oder der UNO vorgegebenen Agenden ausrichten, konnten die meisten Regierungen im globalen Norden bis anhin eigenständig ihre Politik definieren.

Angesichts der globalen Herausforderungen – sei es Klimawandel, Verlust der Biodiversität, Pandemie oder Krieg war ein globaler Referenzrahmen dringend notwendig. Die Agenda 2030 legt den Grundstein für eine gemeinsame, an Nachhaltigkeit ausgerichtete Politik, der sich alle UNO-Mitgliedsstraaten angeschlossen haben.

Nun ist schon fast die Hälfte des gesetzten Zeitrahmens verstrichen. In der Schweiz zeigt sich klar, wie schwer der Prozess der Integration in einen globalen Zielrahmen fällt: Zwar verabschiedete der Bundesrat im Sommer 2021 eine Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (SNE 2030). Doch ist diese mitnichten ein Dokument, das die globalen SDGs in nationale Ziele übersetzt. Vielmehr verwässert der Bundesrat zahlreiche Ziele. Selbst wenn wir optimistisch annehmen, dass die Schweiz die SNE 2030 korrekt umsetzt, wird sie damit nicht die Agenda 2030 umsetzen, denn deren Ambitionen sind wesentlich höher.

Die Schweiz zeigt zwar in gewissen Bereichen Gestaltungswillen und Engagement. Doch ist dieses Engagement nur dort sichtbar, wo keine nennenswerten Widerstände bestehen. Ansonsten beschränkt sich der Bundesrat auf koordinierende Mechanismen und das Verwalten von Konsultationsprozessen. Eine Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft wird jedoch nicht gelingen, wenn von Beginn an das politisch Machbare als Ziel gesetzt wird. Vielmehr erfordert es eine starke Leadership, um das politisch Notwendige zu realisieren. Mehr Kohärenz für nachhaltige Entwicklung bedeutet nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen beteiligten Bundesämtern zu finden, sondern Überzeugungsarbeit zu leisten für zukunftsfähige Lösungen.

Die aktuelle institutionelle Form der Koordination zwischen zahlreichen Bundesämtern im Direktionskomitee Agenda 2030, mit zwei Delegierten ohne nennenswerten Ressourcen und Gestaltungsspielraum sowie einer Strategie, die nicht mehr ist als eine Zusammenfassung bestehender Massnahmen und Ziele genügt unserem Anspruch nach Leadership nicht. Auch fehlt es an einem tatsächlichen Einbezug weiterer Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft. Die bestehende Begleitgruppe Agenda 2030 des Bundes wurde weder effektiv in die Erarbeitung der SNE 2030 noch des Länderberichts involviert.

Der Bundesrat will bis 2024 seine Strategie Nachhaltige Entwicklung und den begleitenden Aktionsplan überarbeiten und entsprechend der im Länderbericht identifizierten Lücken und Herausforderungen ergänzen. Für diesen Prozess ist es zwingend notwendig, in einem partizipativen Prozess das Wissen und die Erfahrungen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft aufzunehmen. Auch erfordert es den Mut, tatsächlich transformatorische Lösungen zu entwickeln. Mit kosmetischen Anpassungen dem Business as usual ein buntes SDG-Mäntelchen überzuziehen reicht nicht aus. Gefragt ist tatsächliche Transformation um den Wechsel in eine nachhaltige Gesellschaft zu schaffen.

Schassmann Eva
Autor:innen

Eva Schmassmann