Finanzrahmen Landwirtschaft: Bundesrat vertagt den Wandel
Die Plattform Agenda 2030 hat sich an der Vernehmlassung zum Finanzrahmen Landwirtschaft 2026-2029 beteiligt. Wie wir in einer eigenen Publikation aufgezeigt haben, ist die Ernährungspolitik ein zentrales Element nachhaltiger Entwicklung. Sie beeinflusst die Umsetzung zahlreicher SDGs im Inland sowie im Ausland. Und sie ist selbst davon abhängig, dass bei der Umsetzung der SDGs im In- und im Ausland Fortschritte erzielt werden, um die Bodengesundheit und die Ökosysteme zu erhalten, die Klimaerhitzung zu limitieren, aber auch um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung zu sichern.
Der Bundesrat geht in seinem erläuternden Bericht auch auf die sich stellenden Herausforderungen ein. So wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Umweltziele Landwirtschaft in vielen Bereichen noch nicht erreicht sind. Die Tragfähigkeit der Ökosysteme wird teilweise überschritten. Zwar sinken die landwirtschaftlichen THG-Emissionen, die Reduktionsziele werden jedoch verfehlt. Qualität und Vernetzung vieler Lebensräume auf Landwirtschaftsflächen reichen nicht aus, um die Biodiversität langfristig zu erhalten.
Angesichts dieser im Bericht zusammengefassten Fakten ist es für die Plattform nicht verständlich, dass der Bundesrat für den Zeitraum 2026-2029 auf „Stabilität“ setzt und eine Strategie des „Business as usual“ vorschlägt. Die Agenda 2030 sowie die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundesrats sehen eine Erreichung der SDGs bis 2030 vor. Um die Ziele in der Schweiz zu erreichen, müssen jetzt dringend die Weichen hin zu einer nachhaltigen Landwirtschafts- und Ernährungspolitik gelegt werden.
Wir anerkennen, dass die Erarbeitung einer nachhaltigen Landwirtschafts- und Ernährungspolitik eine grosse Herausforderung ist. Im Sinne der Agenda 2030 sollte sie partizipativ und inklusiv erarbeitet werden (SDG 16). Um tatsächlich transformativ zu sein gilt es, in der Ernährung stärker auf pflanzenbasierte Nahrungsmittel zu setzen und entsprechend die Tierhaltung zu senken. Die Subventionspolitik muss so geändert werden, dass biodiversitätsschädigende Subventionen auslaufen, ebenso Subventionen für Fleischwerbung. Hier gilt es, realistische, aber ambitionierte Übergangszeiten und Fristen zu setzen, Aus- und Weiterbildungsangebote zu unterstützen, und nötige weitere Massnahmen zu ergreifen, um niemanden zurückzulassen (Leave no one behind als Kernprinzip der Agenda 2030). In der Landwirtschaftspolitik gilt es, den Bäuerinnen und Bauern mit geringem Einkommen besondere Absicherung zu gewährleisten. Verschiedene vielversprechende Massnahmen wurden im Rahmen des von mehreren Bundesämtern unterstützten Bürger:innenrats für Ernährungspolitik vorgeschlagen, sowie im von SDSN Schweiz und dem wissenschaftlichen Gremium erarbeiteten Leitfadens.
Wir anerkennen ebenfalls, dass eine nachhaltige Ernährungspolitik über die Landwirtschaftspolitik hinaus geht und weitere Akteur:innen von der Produktion über den Handel bis zum Konsum in die Verantwortung gezogen werden müssen.
Untersuchungen von Agroscope zeigen, dass in den nächsten 15 Jahren die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebsleitenden die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht. Da ab diesem Zeitpunkt die Direktzahlungen wegfallen, werden die Landwirtschaftsbetriebe in der Regel übergeben oder die Flächen verpachtet. Die Hofübergabe in diesem Moment des Generationenwechsels bietet sich also an für den notwendigen Transformationsschritt. Wir schlagen vor, diesen Prozess mit einem neu zu schaffenden Transformationsbeitrag zu unterstützen, und damit auch die Aus- und Weiterbildung zu stärken. Dieser Beitrag ist aus den Versorgungssicherheitsbeiträgen bis 2029 zu alimentieren.
In der Schweiz besteht trotz Schuldenbremse ein finanzieller Spielraum, um notwendige Investitionen zu tätigen, die Transformation zu gestalten und Übergangsmassnahmen zu finanzieren. Vor dem Hintergrund der wachsenden globalen Herausforderungen und den Rückschritten in der Erreichung der UNO-Nachhaltigkeitsziele sind einnahmeseitige Massnahmen notwendig, um diesen Spielraum zusätzlich zu erhöhen. Die Kosten des Nicht-Handelns heute werden in Zukunft zu massiv höheren Kosten führen. In der Landwirtschaftspolitik besteht zudem das Potenzial für Verschiebungen von Ausgaben mit negativen Auswirkungen auf nachhaltige Entwicklung (biodiversitätsschädigende Subventionen sowie Subventionen für Werbung für Fleisch streichen) hin zu Ausgaben mit positiver Wirkung. Mehrausgaben müssen klar mit einer Wirkung für nachhaltige Entwicklung begründet sein.
Die vollständige Antwort auf die Vorlage steht unter diesem Link zum Download bereit (pdf).
Eva Schmassmann
Plattform Agenda 2030