Ein Leuchtturm in weiter Ferne
Dieser Artikel erschien im global #80, Winter 2020, herausgegeben von Alliance Sud.
Mit der Unterzeichnung der Agenda 2030 im Jahr 2015 verpflichteten sich die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen zu einer nachhaltigen Entwicklung. Die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen (Sustainable Development Goals, SDGs) soll sowohl allen Menschen den Zugang zu ihren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten sicherstellen als auch einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt fördern. Mit dieser multilateralen Absichtserklärung sollte die reine Fokussierung auf Rentabilität zum Nachteil der Umwelt und nachfolgender Generationen überwunden werden.
Eine der grössten Stärken der Agenda 2030 ist, dass sie sich nicht nur an die Staaten und deren Verwaltungen sowie Institutionen richtet, sondern an alle Menschen. Theoretisch nimmt die Agenda 2030 also jede einzelne Person in die Verantwortung, sowohl im Privat- wie auch im Berufsleben. Es wäre daher zu erwarten, dass sich im Jahr 2020 alle der Existenz der Agenda 2030 bewusst sind und zumindest eine vage Vorstellung von deren Inhalt und Forderungen haben.
Leider ist dies nicht der Fall. Wie eine Umfrage vom Juni 2020 zeigt (Focus2030), kennen nur 8% der Deutschen die Agenda 2030 und wissen, worum es geht (in Frankreich sind es 9%, in den USA 8% und im Vereinigten Königreich lediglich 6%). Wie sieht es in der Schweiz aus? In seiner Antwort auf eine parlamentarische Motion von Ständerat Carlo Sommaruga (27.09.2019) misst der Bundesrat der Agenda 2030 zwar eine grosse Bedeutung zu, hält «eine breite Informationskampagne über den allgemeinen Kommunikationsauftrag der betroffenen Bundesstellen hinaus» aber nicht für notwendig.
Trotzdem ist in den vergangenen fünf Jahren seit der Unterzeichnung der Absichtserklärung auf verschiedenen Ebenen einiges passiert: Zahlreiche NGOs, Privatunternehmen, öffentliche Institutionen und Einzelpersonen haben Projekte, Kampagnen und Initiativen gestartet, um die Agenda 2030 vorwärts zu bringen – ohne dabei zu vergessen, ihre eigenen Ziele zu verfolgen.
Ziel 0: Die Agenda 2030 bekannt machen
Zehn Jahre vor Ablauf der Frist scheint die Zeit nun weitgehend reif zu sein, unsere Kräfte zu sammeln und uns gegenseitig zu inspirieren, zumindest zu versuchen, möglichst vielen Menschen eine klare Botschaft zu vermitteln und das zu erreichen, was im Grunde genommen Ziel 0 sein sollte: die Agenda 2030 bekannt zu machen. Im Folgenden eine kleine Auswahl an inspirierenden Beispielen, auch aus dem globalen Süden:
– Aktion 72 Stunden: Innerhalb von genau 72 Stunden setzten Jugendgruppen in der ganzen Schweiz eigene gemeinnützige und innovative Projekte um.
– Jai Jagat 2020: Indische AktivistInnen planten einen Marsch für soziale Gerechtigkeit von Delhi nach Genf, um die Verwirklichung der SDGs zu fordern (das Projekt musste aufgrund der COVID-Pandemie unterbrochen werden; es wird 2021 wieder aufgenommen):
– Biblio2030: Seit 2015 setzen sich Bibliotheken weltweit für eine nachhaltige Entwicklung ein. Siehe auch https://www.ifla.org/libraries-development
– Sustainabus: Ein zu einer interaktiven Wanderausstellung umgebauterBus tourt in der Region Genf, um Menschen aller Altersgruppen für die verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit zu sensibilisieren.
– Die SDGs in lokalen Sprachen: Ein junger Kameruner hat es sich zur Aufgabe gemacht, die SDGs in lokale Sprachen zu übersetzen und dabei eine simple Sprache zu verwenden, die alle verstehen können.
– Tech4Dev der École Polytechnique Fédérale de Lausanne.
– Nationale Sensibilisierungskampagne, Senegal, 2019
– Werbekampagne «Keine Rückkehr zum Anormalen» in Frankreichs Bahnhöfen.
Amélie Vallotton
Alliance Sud