Der Countdown läuft

9. Jan 2025 | Aktualität

Vor 10 Jahren trat die Agenda 2030 in Kraft. Ein umfassendes Zielsystem, das nachhaltige Entwicklung gesamthaft versteht und ein gutes Leben innerhalb der planetaren Grenzen überall auf der Welt realisieren will. Bis 2030. Diese Deadline, die vor mehr als zwei Legislaturperioden noch eine politische Ewigkeit entfernt schien, rückt nun langsam in greifbare Nähe. Welche Schritte stehen 2025 im Kalender der Schweiz und der UNO?

Das politische Leben misst sich in Legislaturperioden. Im Oktober 2015, kurz nachdem die Agenda 2030 in New York an der UNO verabschiedet wurde, fanden in der Schweiz eidgenössische Wahlen statt. Im Nationalrat waren sie von einem Rechtsrutsch geprägt, die SVP erzielte ein neues Rekordergebnis. 2019 wendete sich das Blatt: Die Grünen konnten ihren Stimmenanteil fast verdoppeln, das Parlament wurde jünger, linker und weiblicher. 2023 brachte einen erneuten Wechsel, das neue Parlament führte mit «Hunger Games» zu Schlagzeilen.  

Mehr als zwei Legislaturperioden zogen ins Land, seit die Agenda 2030 verabschiedet wurde. Eine politische Ewigkeit. Doch langsam kommt das Jahr 2030 in eine politisch greifbare Nähe. Bundesrät:innen bleiben durchschnittlich 10 Jahre im Amt, von den aktuellen Mitgliedern dürften also einige bis dahin durchhalten. Was planen sie in diesem noch jungen Jahr, um die SDGs voranzubringen?

Mehr Papier

In der Schweiz hat alles einen festen Rhythmus. So berichtet der Bundesrat alle vier Jahre vor der UNO über die erreichten Fortschritte. Nach 2022 ist ein nächster Länderbericht für 2026 angekündigt. Die Vorbereitungen haben bereits begonnen, von Februar bis Mai 2025 sind auch bundesexterne Akteur:innen aufgerufen, sich an der Bestandesaufnahme zu beteiligen, die Fortschritte der Schweiz zu kommentieren und eigene Beispiele der Umsetzung einzureichen. Eine Kick-Off Veranstaltung findet am 30. Januar statt.

Auf globaler Ebene treffen sich im Juli Vertreter:innen der Länder, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft in New York zum High Level Political Forum. Im Fokus stehen SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen, SDG 5: Geschlechtergleichheit, SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, SDG 14: Leben unter Wasser, sowie SDG 17: Partnerschaften. Letzteres steht jedes Jahr auf dem Programm.

Zudem stehen im laufenden Jahr drei grosse internationale Konferenzen an, die für die SDGs von grosser Bedeutung sind. Im Juni findet in Nizza die 3. UN-Meereskonferenz statt. Ziel der Konferenz ist es, dringende Massnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen und damit zur Umsetzung von SDG 14 zu ergreifen. Ende Juni folgt die  4. Internationalen Konferenz zu Entwicklungsfinanzierung in Sevilla, und im November lädt das Königreich Katar ein zum 2. Welt-Sozialgipfel.

Finanzierung nachhaltiger Entwicklung

Parallel zu den Verhandlungen über die SDGs und die Agenda 2030 fand 2015 die 3. Internationale Konferenz zu Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba, Äthiopien, statt. Die Agenda 2030 enthält keine Bestimmungen, wie die SDGs in den verschiedenen Ländern finanziert werden sollen. In der Addis Abeba Action Agenda wurden hierfür 7 Handlungsfelder bestimmt: 1. Steuereinnahmen der Länder, 2. Private Investitionen, 3. Entwicklungszusammenarbeit, 4. Internationaler Handel, 5. Verschuldung, 6. Systemische Probleme (dazu gehört z.B. die Regulierung des Bankensektors zur Verhinderung von Finanzkrisen, oder die Dominanz der USA in Weltbank und Internationalem Währungsfonds), 7. Wissenschaft, Technologie, Innovation und Kapazitätsaufbau.

Die Finanzierungslücke zur Realisierung der SDGs ist infolge von Pandemie, Schuldenkrise, fortschreitender Klimakrise und Kriegen in den letzten Jahren angestiegen. Der Financing for Development Report 2024 schätzt, dass rund 4 Billionen US$ pro Jahr fehlen. Zum Vergleich: die Internationale Energiebehörde IEA schätze die weltweiten Subventionen für fossile Energien im Rekordjahr 2022 auf über 1 Billion US$! Der oft geäusserte Spruch von Regierungen: «Uns fehlt das Geld!» kann damit getrost ins Land der Märchen überführt werden.

10 Jahre nach Addis Abeba sollen in Sevilla alle 7 Handlungsfelder erneut angeschaut werden, um die Finanzierungslücke zu schliessen. Die Herausforderung ist enorm, inmitten der internationalen Spannungen zu diesen hoch umstrittenen Themen multilaterale Lösungen zu finden.

Ein Königreich lädt zum sozialen Gipfel

Im November findet in Katar der 2. Weltgipfel für soziale Entwicklung statt. Hier steht das Leitmotiv der Agenda 2030: «Leave no one behind» im Fokus, mit den Themen soziale Gerechtigkeit, Inklusion, Arbeit in Würde, Gleichstellung und Diskriminierungsverbot. 30 Jahre nach dem 1. Weltgipfel in Kopenhagen soll damit die soziale Dimension der nachhaltigen Entwicklung wieder ins Bewusstsein gerückt werden.  

Ebenfalls auf der Agenda steht in Katar die Zukunft der Agenda 2030: Wie soll die Zeit nach 2030 verhandelt werden? Braucht es ein Update der SDGs? Eine Verlängerung? Oder gar einen neuen Zielrahmen?

Lichtblick: Abstimmungen

Angesichts der Weltlage und der Sparwut im Bundesrat und Parlament holen wir unsere Motivation aus den Ergebnissen verschiedener nationaler Abstimmungen: Die Einführung einer 13. AHV-Rente oder das klare Nein zum Autobahnausbau zeigen, dass die Bevölkerung die politischen Prioritäten von Bundesrat und Parlament nicht immer teilt und für Mobilitätswende und Ausbau der sozialen Sicherheit einsteht. Als Netzwerk zivilgesellschaftlicher Akteur:innen setzen wir auf die Stärkung dieser Akteure, auf die Kraft der sozialen Innovation und des Experimentierens jenseits des business as usual, und schätzen die verschiedenen Initiativen für mehr Inklusion, mehr Demokratie oder mehr Konzernverantwortung, die aus zivilgesellschaftlichen Kreisen eine nachhaltigere Schweiz realisieren wollen. 

Portrait Eva Schmassmann
Eva Schmassmann

Plattform Agenda 2030

Links:

Analyse zu Financing for Development (Global Policy Forum): UN Preparatory Committee charts course for 4th Financing for Development Conference

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